Medienbericht: Verdächtige kommen aus U-Haft frei

Berlin. Die Presseagentur dpa berichtet über eine Recherche der Deutschen Richterzeitung, derzufolge 2021 mindestens 66 Tatverdächtige wegen rechtsstaatlich unvertretbar langer Verfahren aus der U-Haft entlassen wurden.

Wie die Deutsche Richterzeitung (DRiZ) berichtet, hat die Strafjustiz im Jahr 2021 bundesweit mindestens 66 Tatverdächtige aus der Untersuchungshaft entlassen, weil deren Strafverfahren zu lange gedauert haben. Die Zahl ist im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen. Im Jahr 2020 hatten die Justizverwaltungen der Länder 40 Fälle gemeldet. In den zurückliegenden fünf Jahren sind nach den Recherchen der DRiZ damit fast 300 Tatverdächtige wegen Verletzung des Beschleunigungsgebots in Haftsachen wieder aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Mehr Fälle als 2021 meldeten die Länder nur 2019, als es 69 Haftentlassungen waren. 

Erst kürzlich hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main sechs Angeschuldigte aus der Untersuchungshaft entlassen.

DRB-Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn sagte der Deutschen Presse-Agentur (dpa): „Die aktuellen Fälle von U-Haftentlassungen werfen erneut ein Schlaglicht auf die hohe Arbeitsbelastung vieler Gerichte und Staatsanwaltschaften. Es fehlt der Strafjustiz nach wie vor deutlich an Staatsanwälten und Strafrichtern, so dass sie selbst vorrangige Haftsachen nicht immer mit der rechtsstaatlich gebotenen Beschleunigung erledigen kann. Hinzu kommt, dass viele Strafverfahren immer aufwendiger werden, weil zum Beispiel die auszuwertenden Datenmengen durch die Digitalisierung sprunghaft steigen. Umso wichtiger ist es, dass die Ampel-Koalition den versprochenen Rechtsstaatspakt 2.0. jetzt schnell in die Tat umsetzt. Mehr als ein halbes Jahr nach Amtsantritt muss die Bundesregierung endlich konkrete Vorschläge auf den Tisch legen, wie sie den Bund-Länder-Pakt ausgestalten will. Angesichts erheblicher Personalprobleme und großer Digitalisierungsaufgaben braucht es ein umfangreiches Investitionspaket für die Justiz.“

Für 2021 haben Sachsen und Schleswig-Holstein mit jeweils 11 Haftentlassungen wegen unvertretbar langer Verfahren die höchsten Zahlen aller Länder gemeldet. Sachsen hatte auch in den zurückliegenden Jahren bereits zweistellige Fallzahlen mitgeteilt. Bayern, das 2020 mit 15 Fällen bundesweit an der Spitze lag, meldet für 2021 mit 10 Haftentlassungen die dritthöchste Zahl. Dicht dahinter folgen Berlin und Rheinland-Pfalz mit jeweils 9 Fällen. Baden-Württemberg und Niedersachsen melden jeweils 4, Nordrhein-Westfalen 3, Hessen 2, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen jeweils einen Fall. Mit Brandenburg, Bremen, Hamburg und dem Saarland melden lediglich vier Bundesländer für 2021 keine Haftentlassungen wegen Verstoßes gegen das Beschleunigungsgebot.

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