Bremer Justiz-im-Dialog-Format forderte zur Interaktion auf

Bremen. „Respekt ?!? – Welche Rolle spielt die Justiz in der Gesellschaft?“ – Dieses Thema bei der 1. Veranstaltung von Justiz im Dialog in Bremen war am Donnerstag auch in der Form ungewohnt. Anstatt einer Podiumsdiskussion erwartete die mehr als 50 Teilnehmer aus Politik, Gesellschaft und Justiz im Schwurgerichtssaal 218 des Landgerichts Bremen eine Veranstaltung zum aktiven Mitmachen. Um es vorwegzunehmen: Der dritten Gewalt wird immer noch viel Respekt entgegengebracht.

Nach einer Begrüßung durch die Präsidentin des Landgerichts, Karin Goldmann, eröffnete Gesa Kasper (Bild oben), stellvertretende Vorsitzende des Bremischen Richterbundes, die Veranstaltung mit einem Impulsreferat. 
Die aufgeworfenen Fragen sollten die Teilnehmer nicht nur von Experten erläutert bekommen, sondern im Gespräch miteinander selbst von ihrem Verständnis von Respekt, von ihren Erfahrungen und Problemen mit respektvollem Umgang berichten. Hilbert Meyer, Professor für Schulpädagogik an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, erläuterte den Gästen dazu den geplanten interaktiven Ablauf des Abends.

Die Schauspielgruppe der „Wilden Bühne“ (Bild unten), einem Improvisationstheater, dessen Mitglieder ehemalige Suchtabhängige sind, stellte gekonnt szenisch alltägliche Situationen, Haltungen, Hierarchien und Vorurteile dar, aus denen sich Konflikte ergeben können. Die Aufführung wurde mit viel Applaus bedacht.

Der Landesvorsitzende der Jungen Gruppe der Gewerkschaft der Polizei, Nils Peters, lieferte danach anschauliche Erfahrungsberichte über mangelnden Respekt „auf der Straße“. Auch Jochen Mertin, ehemaliger Bewährungshelfer in Bremerhaven, berichtete von seinen beruflichen Erfahrungen: „Man braucht klare Ansagen, muss seinen Klienten aber auch immer den Respekt entgegenbringen, den man selbst erwartet.“

Solchermaßen mit Anregungen versehen, wurden die Teilnehmer dann in sechs Arbeitsgruppen mit je einem Moderator beauftragt, um darüber zu diskutieren, was die die Justiz tun kann, um einen respektvollen zwischenmenschlichen Umgang zu stärken und Konflikte zu reduzieren.

Die Ergebnisse aus den Arbeitsgruppen wurden schließlich im Plenum vorgestellt. Die These, dass der Respekt voreinander schwindet, wurde von vielen Teilnehmern geteilt. Die Gründe hierfür seien vielfältig. Soweit es um mangelnden Respekt vor Funktionsträgern und Institutionen gehe, werteten manche Teilnehmer diese Entwicklung als Preis, den die freiheitliche und offene Gesellschaft zu entrichten habe. Nur in autoritären Systemen lasse sich Respekt verordnen. Für unsere Gesellschaft sei es wichtig, eine Wertediskussion zu führen.

Respekt voreinander könne nur entstehen, wenn es einen Wertegrundkonsens gebe. Dieser schwinde – auch weil sich die Lebensweisen in den letzten Jahrzehnten enorm verändert hätten. Aufgrund eines Bedeutungsverlustes der Familie gingen auch Vorbilder verloren. Den Schulen komme insofern in zunehmendem Maße die Aufgabe zu, Kindern schon früh gemeinsame Grundwerte zu vermitteln. Hinzu komme die gesamtgesellschaftliche Aufgabe der Integration von Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen und damit auch unterschiedlichen Vorstellungen von Respekt.

Viele Teilnehmer vertraten die Auffassung, dass der Justiz auch heute immer noch viel Respekt entgegengebracht werde. Die Repräsentanten der Justiz hätten auch eine Vorbildfunktion. Es sei ihre Aufgabe Sicherheit zu geben und Vertrauen zu schaffen. Hierzu sei es erforderlich, dass den Bürgern auch mit Respekt begegnet werde. Respekt beruhe immer auf Gegenseitigkeit. Gerichte und Staatsanwaltschaften seien überdies gefordert, ihre Öffentlichkeitsarbeit zu stärken und offensiver den Bürgern ihre Arbeit zu erklären.

Andreas Helberg, Vorsitzender des Bremischen Richterbundes, bedankte sich zum Abschluss bei der Hauptorganisatorin, Gesa Kasper, und bei allen Gästen für ihre Bereitschaft zum Mitmachen. Sein Fazit: „Eine inspirierende Veranstaltung, in denen Vertreter der Justiz einen echten Dialog mit den Bürgern geführt haben.“